Echt und ungeschminkt
Wie jedes Jahr im goldenen bzw. pinken Oktober wird das wichtige Thema Brustkrebs medial sichtbar gemacht. Und das ist gut so. Denn jährlich erkranken in Österreich rund 5.600 Frauen und in Deutschland etwas 70.000 Frauen daran, und noch eine Vielzahl mehr kommt indirekt damit in Berührung. Familie, Freunde, Bekannte, Kolleginnen — fast jeder kennt eine Frau, die betroffen ist oder es in der Vergangenheit war.
Und wie jedes Jahr kommen insbesondere in dieser Zeit auch in mir wieder verstärkt Gefühle, Gedanken und Erinnerungen hoch. Ein weiteres Jahr ist seit meiner eigenen Diagnose vergangen. Ein gesundes Jahr — ein Jahr voller Erlebnisse, Neugierde, neuer Erfahrungen, wunderschöner Momente und Lebenslust, aber auch ein Jahr voller Hitzewallungen und Schweißausbrüche, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen, Müdigkeit und Energietiefs, Zweifel und Unsicherheit, Fragen …
Bin ich für immer gesund?
Ist die Gefahr, erneut zu erkranken, nun vorbei?
Wann kann ich das leidige Thema endlich abhaken?
Die Wahrheit ist: Ich weiß es nicht, niemand weiß es. Es gibt keine Garantie.
Man möchte glauben, dass ich als Entspannungstrainerin und ausgebildeter Mentalcoach über ausreichend Hilfestellung verfüge, um mich auf mentale, psychische und körperliche Weise gesund auszurichten und positiv nach vorne zu blicken. Aber nein, auch mich wirft es immer wieder in die Zeit vor vier Jahren zurück. In eine Zeit voller Ungewissheit, Ängste, Zweifel, Wut, Ungläubigkeit, Hoffnung — eine Zeit, die längst vorüber scheint, und trotzdem fühlt es sich manchmal so an, als wäre es erst gestern gewesen …
Eine Zeit, als plötzlich nichts mehr so war wie früher — früher, als alles noch normal war. Aber Hand aufs Herz: War vor diesem 29. August 2019 tatsächlich alles in meinem Leben schöner, perfekter, unbeschwerter und leichter? Nein, nicht alles, wenn ich ehrlich bin. Auch vor meiner Diagnose gab es Selbstzweifel, kleine Wehwehchen, zeitweilige innerliche Zerrissenheit, aber nie diese Angst vor dem Tod, ausgelöst vom unweigerlichen Wissen und der Selbsterfahrung um die Endlichkeit meines Lebens.
Ein kurzer Rückblick auf die letzten 4 Jahre:
Erst einmal: Es ist wahnsinnig viel passiert. Wie es aussieht, hat eine Menge Platz in vier Jahren — erst recht dann, wenn man bewusst darauf achtet und ab und zu Geschehenes Revue passieren lässt.
Unzählige Glücksmomente, wunderbare Ausflüge, Urlaube und Feiern im Familien- und Freundeskreis wurden von meinem Mann in Fotobüchern festgehalten und erinnern mich an wertvolle, gemeinsam verbrachte Lebenszeit.
Unsere Kinder sind groß geworden, gehen teils schon ihre eigenen Wege. Ich bin sehr stolz auf meine Jungs. Mein Mann und ich haben das mit der Erziehung als Eltern ganz passabel hingekriegt. Alle Drei sind wunderbar gelungen und auf ihre Weise einzigartig. Ich bin sehr dankbar, sie eine Weile auf ihrem Weg begleiten zu dürfen.
Ich habe auch gelernt, mich in Demut zu üben. Ich sehe heute nicht mehr alles als selbstverständlich an.
Ich bin sehr viel mutiger geworden, stärker und verletzlicher zugleich.
Ich bin heute feinfühliger, spüre mehr, mich selbst und Vieles um mich herum. Ich habe den Eindruck, als könnte ich Schwingungen besser wahrnehmen — sowohl gute als auch schlechte. Das ist manchmal auch anstrengend.
Ich erlaube mir, mich vorwiegend mit Menschen und Dingen zu umgeben, die mir guttun und mich stärken. Ich habe in den letzten Jahren einige wunderbare Menschen kennenlernen dürfen — Menschen, die mich wertschätzen und mich in Vielem inspirieren und bestärken. Ohne meinen Brustkrebs hätte ich diese wohl nie getroffen.
Ich habe eine gesunde, nachhaltige und garantiert hormonfreie Pflege, sowohl für mich persönlich als auch als Businesschance entdeckt. Hier kannst du gerne nachlesen, was mich daran so begeistert: https://mentalesschreibventil.at/ringana/
Ich habe viel gelacht und bin manchmal übermütig durch die Wohnung getanzt, wenn niemand da war. (Okay, hin und wieder war wer da und hat sich fremd geschämt)
Ich habe viele schöne Filme gesehen und meine Lieblingslieder gehört.
Ich habe es geliebt, so oft wie möglich meine Lieblingsrunde, die mich durch den Wald hinauf bis zum Wasserfall führt, zu gehen.
Ich war das erste Mal in London und in Amsterdam, davor bin ich seit 21 Jahren nicht mehr geflogen.
Wir verbrachten lustige Familienurlaube und mit meinem Mann verbrachte ich diesen Sommer genussvolle Tage auf einem Weingut nähe Verona mit unvergleichlichem italienischen Flair und Dolce Vita. Italien ist viel mehr als nur ein Land, Italien ist ein Lebensgefühl.
Ich feierte vier Mal meinen Geburtstag und das Weihnachtsfest mit meinen Lieben.
Ich war auf einigen Konzerten — von Sarah Connor, Bryan Adams, Edmund und Andreas Gabalier with friends.
Ich habe viele Workshops und Ausbildungen gemacht und war hierfür das erste Mal alleine auf Reisen.
Ich bin auf einer richtigen Bühne gestanden, zittrig und nervös, und habe über meine Erfahrungen gesprochen.
Ich habe Vorträge über Mut, Lesungen und Schreibworkshops gehalten.
Ich habe diesen Blog ins Leben gerufen und noch eine ganz wunderbare Sache zum Schluss:
ICH HABE ZU SCHREIBEN BEGONNEN.
Als leidenschaftliche Leserin habe ich den Sprung auf die andere Seite gewagt, um meinem Herzen und meiner Kreativität Ausdruck zu verleihen. Mein drittes Buch ist so gut wie fertig und es ist wundervoll geworden. Ich bin so stolz darauf.
Ja, all das und noch einiges mehr ist in knapp vier Jahren geschehen. Ist das zu fassen? Trotzdem geht mir immer noch manches zu langsam voran. Kaum zu glauben, nicht wahr? Vielleicht aus dem Grund, weil ich das Gefühl habe, nicht mehr so viel Zeit zu haben — wertvolle Tage, Wochen, Monate und Jahre versäumt zu glauben, über einen langen Zeitraum hinweg zu unachtsam gewesen zu sein, sowohl anderen als auch mir selbst gegenüber zu wenig fürsorglich.
In diesen Momenten hadere ich auch damit, meine Leidenschaften und mein Potential nicht früher gelebt zu haben. Aber die Zeit war wohl nicht die richtige, noch nicht reif für diese Dinge. Aber nun ist sie es, und ich nutze sie.
In den letzten Jahren habe ich erkannt, dass man nie zu alt ist, um Neues zu wagen.
Außerdem — als Schriftstellerin gibt es ohnehin kein Rentenalter.
Tatsache ist:
Der Brustkrebs hat mich Vieles gelehrt
Hätte ich darauf verzichten können? Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass er immer ein Teil meines Lebens bleiben wird und ich mich in dieser Sache in Akzeptanz üben darf. Denn wie sagte Mark Twain:
VERGANGENHEIT IST, WENN NICHTS MEHR WEH TUT
Meine Interpretation dazu: Man sollte versuchen, das Geschehene zu akzeptieren und Teil seines Lebens werden zu lassen — ohne Schuld, Hadern, ohne “wäre ich nur — hätte ich bloß!”
Ich bin auf einem guten Weg.
Und noch eins weiß ich mit absoluter Sicherheit:
Das Leben ist zu kurz für irgendwann. Darum, mach das Beste aus dem Rest deines Lebens. Ich mach es auch, und zwar JETZT!
Meinen Lieblingsspruch kennst du vielleicht bereits:
JEDER TAG IST WIE EINE NEUE SEITE IM ROMAN DEINES LEBENS,
UND NUR DU BESTIMMST, WIE DIE GESCHICHTE WEITERGEHT.
Ich wünsche allen, die meine Zeilen lesen, insbesondere uns Frauen, gute Gesundheit, Achtsamkeit im Umgang mit ihrem Körper und eine riesengroße Portion Lebensfreude.